“Wer bin ich?” – Persönlichkeitstests als Hilfsmittel für die Jobsuche

Wer sind Sie eigentlich?

 

In Deutschland neigen wir dazu, die Frage “Wer bist du?” mit der Nennung unserer beruflichen Tätigkeit zu beantworten – oder haben Sie schon einmal erlebt, dass Ihnen jemand in epischer Breite seine spirituellen, politischen und emotionalen Einstellungen, gepaart mit einem gepflegten Überblick über Hobbies und Interessen, dargelegt hat?

 

Eher nicht.

 

Wer aber (plötzlich) arbeitslos ist sieht sich damit konfrontiert, andere Antworten zu geben. Der Status “arbeitslos” ruft bei vielen auch generell eine Sinnfrage hervor:

  • Was macht mich als Persönlichkeit aus?
  • Welche positiven und negativen Charakterzüge habe ich?
  • Welches (ungenutzte) Potential schlummert in mir?
  • Welche (Neu-)Orientierung liegt vor mir?

„Wer bin ich?“ ist eine der Grundfragen der Menschheit. Dementsprechend tummeln sich viele Anbieter mit äußerst vielen Methoden, Antworten auf diese Frage zu bieten. Svenja Hofert hat in ihrem neuesten Artikel „Gefährliche Potenzialanalyse: Wie Sie die schwarzen Schafe der Branche erkennen“ einen besonders fragwürdigen Anbieter aufgetan: Der GeniusReport ist laut eigener Aussage „eine ungewöhnliche Talente-, Potenzial- und Persönlichkeitsanalyse“.

 

Ungewöhnlich ist tatsächlich, dass zur Erstellung dieses Reports allein die Angabe von Geburtsdatum und Entbindungsuhrzeit ausreichen.

Etwas verklausuliert heißt es auf der Homepage auf die Frage nach der Basis:

Das Jahrtausende alte chinesische I-Ging [ist] ein wichtiger Bestandteil der Methode, die zur Erstellung deines GeniusReports verwendet wird. Die binäre Struktur des I-Ging entspricht exakt dem Aufbau unserer DNS – und damit den Grundbausteinen allen Lebens.

Ah ja… Aber es gibt doch sicherlich auch wissenschaftlich fundierte Methoden, die in diesen Report einfließen oder? Lassen Sie mich kurz überlegen – Nein! Oder, um die Macher des GeniusReports zu Wort kommen zu lassen:

Es gibt zwischen Himmel und Erde einiges, was auch von der heutigen Wissenschaft noch nicht erklärbar ist.

Die Frage ist also nicht, ob die Genius-Methode ihre Wissenschaftlichkeit beweisen kann, sondern: „Warum ist die Wissenschaft noch nicht in der Lage zu erklären, warum diese Korrelationen bestehen und warum die Aussagen jedes GeniusReport so treffend sind?“ !

Was für dich relevant ist: Stellt der GeniusReport einen Nutzen, Mehrwert und Erkenntnisgewinn für dich dar? Wenn dem so ist, bleibt die Frage, ob die Wissenschaft erklären kann warum das so ist, für dich sekundär.

Verstehe – nicht die Macher des GeniusReports müssen die Wissenschaftlichkeit der Methode offenlegen, sondern die Wissenschaft muss erklären, weil sie zu doof ist, die Validität des GeniusReports darzulegen. In der Juristerei nennt man so etwas, glaube ich, Beweislastumkehr.

Zusammengefasst: Außer esoterischer Pseudowissenschaftlichkeit, vor Banalität nur so strotzenden Allgemeinplätzen und bunten Grafiken hat der GeniusReport – zumindest in der kostenlosen Version (1 PDF-Dokument) – in ungefähr so viel Aussagekraft wie ein Toast mit Quark. 150,– € für die ausführliche Version (2 PDF-Dokumente) waren für mich 150 Gründe dagegen.

 

Es ärgert mich, dass Menschen mit solchen mehr als fragwürdigen Angeboten geködert werden und ihnen nebulös pseudotragfähige „Antworten“ gegeben werden. Jede Küchentisch-Psychologie ist da zielführender!

 

Wer wirklich interessiert ist an einem aussagekräftigen Persönlichkeitstest, dem seien folgende praxiserprobte und fundierte Tests empfohlen:

Hilfreich ist auch ein Artikel der Welt, in dem mehrere kostenlose und kostenpflichtige Verfahren angerissen werden.

 

Welche Erfahrungen haben Sie mit Persönlichkeitstests gemacht? Waren sie hilfreich? Oder haben sie Sie mehr verwirrt als Ihnen geholfen? Ich freue mich auf Ihre Rückmeldung!

Kommentar schreiben

Kommentare: 0