„Schleichendes Gift für die Seele…“ – Wie du richtig mit Mobbing umgehst

Ich möchte dir gerne einmal Saskia vorstellen.

 

Saskia ist 28 Jahre alt und arbeitet seit 10 Jahren als Bürokauffrau in einem großen Betrieb. Sie hat dort nach der Schule ihre Ausbildung gemacht und ist seit 2 Jahren persönliche Sekretärin des Abteilungsleiters. Aufgrund guter Leistungen bekommt Saskia neben einer ordentlichen Gehaltserhöhung die Aussicht, die Stelle von Frau M. als Chefsekretärin zu übernehmen, da Frau M. im Herbst in Rente geht.

 

 

Eine Kollegin, der Saskia von diesen tollen Nachrichten erzählt hat, verplappert sich auf einer Betriebsfeier.

 

 

Daraufhin gibt es im Leben von Saskia einige ungewöhnliche Veränderungen:

 

 

 

          Saskia wird von einigen Kollegen nicht mehr gegrüßt.

 

          Bei den täglichen Kaffeepausen wird Saskia immer weniger in die Gespräche miteinbezogen.

 

          Kolleg*innen „vergessen“, Saskia etwas aus der Kantine mitzubringen.

 

          Verschiedene Male werden Dokumente aus Saskias Schrank entnommen und in anderen Akten abgeheftet.

 

          Anrufe für Saskia, wenn diese nicht anwesend ist, werden nicht weitergegeben.

 

          Wichtige E-Mails und Excel-Dateien sind plötzlich nicht mehr auffindbar, sehr zum Ärger von Saskias Vorgesetztem.

 

 

 

Was ist hier passiert? Sind das einfach „nur“ Nickeligkeiten unter rivalisierenden Kolleg*innen, so nach dem Motto „Wo gehobelt wird, da fallen Späne“? Ist das schon Mobbing? Oder ist das zu hoch gegriffen?

 

In den letzten Jahren ist häufig von Mobbing die Rede – so häufig, dass mancher die Augen verdreht und sagt: „Meine Güte, zu meiner Zeit war man nicht so weinerlich und hat sich nicht gleich darüber aufgeregt!“ Gleichzeitig sind nach Schätzungen von Gewerkschaften, Sozialverbänden und Krankenkassen ca. 1,8 Mio. Erwerbstätigte von Mobbing betroffen.

 

Höchste Zeit also, einmal zu klären, was Mobbing ist – und was nicht.

 

Mobbing leitet sich vom englischen Verb to mob ab, das sich mit „pöbeln, bedrängen, belagern, schikanieren“ übersetzen lässt. The mob als Nomen meint im Englischen soviel wie „Meute, Pöbel, Pack, Gesindel, Bande“.

 

Alleine aus der Wortbedeutung geht also schon hervor, dass Mobbing etwas absolut Unangenehmes ist.

 

 

Es gibt zwar keine allgemeingültige Definition von Mobbing, aber üblicherweise zeichnet sich Mobbing durch drei wichtige Faktoren aus:

 

1.)    Mobbing ist chronisch

 

„Ach, sei einfach still!“, „Was geht dich das an?“, „Erzähl das der Wand!“ – Wir alle kennen schlechte Tage bei der Arbeit. Dann geht beim Kollegen einfach alles schief und er lässt seinem Frust irgendwann freien Lauf, leider auch an dir. Später kommt er dann verlegen zu dir und bittet dich um Entschuldigung, dass er so aus der Haut gefahren ist.

 

So eine schlechte Konflikt- und Frustrationsverarbeitung ist aber kein Mobbing. „Echtes“ Mobbing ist ein andauernder Prozess von immer wiederkehrenden Demütigungen, Anfeindungen und unangemessenen Handlungen. Wenn sich all das schon über einen längeren Zeitraum ständig wiederholt, dann ist ein wichtiges Kriterium für Mobbing bereits erfüllt.

 

2.)    Mobbing ist eskalierend

 

Mobbing-Handlungen bleiben nicht auf der Stelle, sondern kennen nur eine Richtung: höher, schneller, weiter!

 

Wenn du dir das Beispiel von Saskia noch einmal vor Augen führst, erkennst du das ganz gut: Wurde sie anfangs nur nicht mehr gegrüßt, wird sie zunehmend ausgegrenzt, bis ihr zum Schluss ganz bewusst Schaden zugefügt wird.

 

Das ist typisch für Mobbing – mit immer stärken Mitteln wird versucht, den Gemobbten fertig zu machen. Systematisch wird er ausgegrenzt und erniedrigt.

 

3.)    Mobbing ist destruktiv

 

Mobbing hat ein ganz klares Ziel: Die Zerstörung, manchmal sogar die Vernichtung der Persönlichkeit des Gemobbten. Und zur Erreichung dieses Ziels sind alle Mittel recht. Hauptsache, dass am Ende die Person gebrochen ist und sprichwörtlich zurückzieht, z.B. durch eine Eigenkündigung.

 

In besonders heftigen Fällen ist es sogar das erklärte Ziel, dass der Gemobbte seinem Leben ein Ende setzen soll.

 

Das Schwierige am Mobbing ist, dass für die Betroffenen oft nur schwer erkennbar ist, dass sie Mobbing ausgesetzt sind. Denn die meisten Mobber sind eher unsichere Personen und setzen alles daran, dass ihre Taten nicht allzu offensichtlich sind – notfalls lässt sich dann alles als ein „großes Missverständnis“ oder als „Fehlinterpretation“ darstellen.

 

Der Psychologe Dr. Andreas Dutschmann hat eine Aufstellung verschiedener Mobber-Typen vorgenommen:

 

          Machtmobber: Es handelt sich häufig um Personen die auf Kosten des Opfers einen Machtgewinn erzielen möchten.

 

          Neidmobber: Opfer wird attackiert, weil es Eigenschaften hat, die man selber gerne hätte.

 

          Angstmobber: Das Opfer erinnert sie an ihre eigenen Unzulänglichkeiten. Ihr Selbstwertgefühl wird bedroht. (Angstmobber sind selbst häufig Opfer von Machtmobbern die ihre Ängste bewusst schüren).

 

          Lustmobber: Ihnen macht es schlichtweg Spaßandere zu schikanieren, zu intrigieren und für Aufregung zu sorgen.

 

          Hühnerhofmobber: Gruppen neigen zur Aufstellung einer Hackordnung.

 

          Herdenmobber: Der Mensch ist ein soziales Wesen und möchte somit zu einer Gruppe gehören. Daher ordnet er sich mehr oder weniger bewusst einer Gruppennorm unter.

 

          Der „edle Mobber“: Fühlt sich „edel“, „hilfreich“ und „gut“. Er setzt sich für das Gute ein, während andere seiner Auffassung nach gegen das Gute verstoßen. Findet man oft in helfenden Berufen oder im sozialen Bereich.

 

 

Mobbing hat massive und manchmal sogar langwierige negative Effekte auf die Betroffenen, vor allem in Bezug auf die psychische und körperliche Gesundheit.

 

Angefangen von Konzentrationsstörungen über Magenbeschwerden und Schlaflosigkeit bis hin Herzrhythmus-Störungen und Atemnot reicht die Palette der möglichen Beschwerden. Dazu kommen eine ständige Verunsicherung und die stetige Angst, was als nächstes passiert. Die Lebensfreude nimmt Stück für Stück ab, ebenso die Fähigkeit, zu entspannen und zu genießen. Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl sind im Keller, und es wird jeden Tag schwerer, einfach nur irgendwie „durchzukommen“.

 

 

Wie aber jetzt mit Mobbing umgehen? Wenn du von Mobbing betroffen bist, solltest du dich auf keinen Fall in die Rolle des Opfers fügen! Handle stattdessen!  

  • Mach frühzeitig klar, dass du kein Opfer sein wirst!
  • Sprich den Mobber deutlich auf sein Verhalten an und verlang eine Erklärung!
  • Such dir Verbündete!
  • Lass dir deinen Selbstwert nicht ausreden und tritt selbstbewusst auf!
  • Kläre, wie du auf das Mobbing reagierst! Scheue nicht davor, dir evtl. auch juristischen Rat zu suchen!
  • Achte auf deine Gesundheit – denn kein Job der Welt ist so wichtig wie deine körperliche und seelische Unversehrtheit!
  • Nimm Hilfe an, wenn du sie brauchst! Professionelle Unterstützung bekommst du z.B. von deinem Hausarzt, Psychotherapeuten oder Hilfsangeboten wie der TelefonSeelsorge (Tel. 0800 111 0 111).
  • Wenn alle Bemühungen nicht helfen, dann ziehe die Reißleine und kündige deinen Job! Sprich aber vorher bitte mit deiner zuständigen Agentur für Arbeit bzw. deinem Jobcenter und schildere deinen Fall dem Arbeitsvermittler, damit es nicht zu einer Sperrzeit des Arbeitslosengeldes kommt!

 

Mobbing ist ein sehr persönliches Thema, das meist mit vielen Verletzungen verbunden ist.

Aber vielleicht hast du mittlerweile diese Verletzungen überwunden und kannst mit deiner Geschichte und deinen Erfahrungen Anderen Mut machen. Falls ja freue ich mich auf deinen Kommentar!

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Kommentare: 1
  • #1

    H.K. (Mittwoch, 09 Oktober 2019 11:54)

    Guter Übersichtsartikel! Aus eigener Erfahrung kann ich bestätigen, dass es gut ist, sich früh zur Wehr zu setzen und Hilfe zu suchen. Und Vorfälle sollten am besten immer gut dokumentiert werden, also es hilft eine Art "Mobbingtagebuch" zu führen, bevor man sich an die nächsten Instanzen im Betrieb, also Vorgesetzter, Betriebsrat wendet. So kann man das schädliche Verhalten einerseits besser "verdauen", indem man es "aus sich heraus schreibt" und auch ganz konkret belegen, was vorgeworfen wird, sollte es juristisch relevant werden.