Noch ist der Koalitionsvertrag Zukunftsmusik, da die Entscheidung der SPD-Mitglieder aussteht.
Fest steht für mich aber schon jetzt, dass bei den tage- und nächtelangen Verhandlungen zwischen Union und SPD eine riesige Chance fahrlässig vertan wurde - nämlich im Bereich Digitalisierung einen großen Sprung nach vorne zu machen und nicht den Lichtern hinterher zu sehen...
Aber passiert genau das im Moment. Statt einer echten Reform, vielleicht sogar einer (zumindest für deutsche Verhältnisse) digitalen Revolution gibt es nur ein bloß-nicht-mehr-als-nötig-Machen.
Sina Trinkwalder, Unternehmerin und Digital-Vordenkerin hat vor kurzem in Maybritt Illners Talkshow der versammelten Politikprominenz einmal die Leviten gelesen (hier geht's zu ihrem Begleit-Artikel "Das digiTal der Tränen"). In der Sendung machte vor allem eine kurze Übersicht der Fehlentwicklungen der letzten Jahre ziemlich nachdenklich:
Alexander Dobrindt hatte noch 2013 als Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur versprochen, dass Deutschland das schnellste Netz der Welt bekommen soll. Auch 2015 noch versprach er gegenüber dem Branchenverband bitkom in einem Video-Statement, dass 2018 flächendeckend 50 MBit/s zur Verfügung stünden:
Die bittere Realität 2018 sieht in meiner Heimat Friesland leider etwas anders aus. Von flächendeckender Versorgung mit 50 MBit/s lässt sich nur träumen. Noch nicht einmal flächendeckender Mobilfunk ist vorhanden! Das glauben Sie nicht?
"In der Frieseischen Wehde reicht vielerorts das Mobilfunknetz nicht aus. Das hat ein Unternehmen herausgefunden, das der Landkreis Friesland beauftragt hat, berichtet die Nordwest-Zeitung. Es gibt drei Mobilfunk-Bandbreiten, über die Anbieter ihre Funksignale laufen lassen können. Die älteste Version „2G“, die schnellere Generation „3G“ und die neuste Version „4G“. Doch selbst die Versorgung mit „2G“ sei in einigen Teilen von Bockhorn und Zetel nicht gegeben. Dies würde vor allem an fehlenden Mobilfunkantennen liegen." - nachzulesen in einer Meldung von Radio Jade vom 28.02.2018.
Ich halte diesen Zustand für höchst fahrlässig, denn die Digitalisierung ist schon längst kein Neuland mehr, sondern existierende Realität.
Oder wann waren Sie das letzte Mal in Ihrer Bank, um eine per Hand ausgefüllte Überweisung am Schalter abzugeben? Wann haben Sie das letzte Mal eine DVD aus der Videothek ausgeliehen? Und wann haben Sie mehrere Energiedienstleister angerufen und um Zusendung von Prospekten gebeten?
Nein, es ist 2018 normal, seine Bankgeschäfte per Online-Banking zu tätigen, Filme per Netflix oder AmazonPrime zu streamen und in einem Vergleichsportal Stromanbieter unter die Lupe zu nehmen.
Lars Hahn hat vor kurzem in einem Interview noch einmal verdeutlicht, dass der Arbeitsmarkt in einem tiefgreifendem Wandel ist und eine Schlüsselkompetenz der Zukunft die Wissensarbeit ist: "Nicht mehr das Verwalten von Daten, sondern die Fähigkeit zur Datenanalyse wird zum entscheidenden Faktor. Die Kompetenz, Zusammenhänge neu zu ordnen und diese gut zu kommunizieren. Besonders gefragt werden zudem Arbeitnehmer sein, die zukünftige Entwicklungen antizipieren und die richtigen Schlüsse daraus ableiten können. Eine weitere zunehmend wichtige Fähigkeit ist die Kompetenz, mit digitalen Kommunikationswegen und Medien richtig umgehen zu können."
Schon 2016 hieß es in der Broschüre "Weiterbildung im digitalen Wandel" des Bundesarbeitsministeriums: "Nicht nur Beschäftigte in Softwareunternehmen müssen heute über IT-bezogene Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen. Sowohl digitale Grundfähigkeiten als auch Spezialwissen im IT-Bereich sind in allen Branchen gefragt. Dabei ist es wichtig, immer auf dem neuesten Stand zu sein."
Verlassen Sie sich dabei bitte nicht auf den Staat oder Ihren Arbeitgeber!
Kümmern Sie sich selbst darum, für die Digitalisierung gewappnet zu sein.
Zum Beispiel durch eigeninitiative Fortbildung, wie ich bereits in der Vergangenheit hier und hier darüber geschrieben habe.
Verabschieden Sie sich von der Vorstellung, einmal im Leben einen Beruf zu erlernen und ihn ein Leben lang auszuüben. Brüche im Lebenslauf, Veränderungen und Wechsel werden in Zukunft normal werden. Begreifen Sie es als Chance, etwas Neues zu tun, und nicht als Bedrohung.
Vor allem - bleiben Sie wissbegierig und neugierig!
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