„Ich muss mal etwas loswerden…“ – Hilfe in schweren Zeiten

Die vergangenen zwei Jahre haben so viele, so nachhaltige und so tiefgreifende Veränderungen für unseren Alltag gebracht wie es sie in den letzten 20 Jahren nicht gab.

Spätestens der aktuelle Bericht des Weltklimarats IPCC zeigt auf, in welch dramatischer Lage wir uns befinden. Der Veränderung unseres Klimas schreitet in einem Tempo voran, das alle düsteren und für unwahrscheinlich gehaltenen Prognosen übertrifft. Die Meeresspiegel steigen, die Erderwärmung steigt rasant an und Unwetter passieren immer häufiger.

 

Zum ersten Mal in der neueren Geschichte gibt es ein Virus, das auf allen Kontinenten und damit in der gesamten Welt gleichzeitig aktiv ist. Die Corona-Pandemie hat weltweit bislang 6,2 Mio. Menschenleben gefordert – das sind mehr, als die drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen zusammen Einwohner haben. Trotz umfangreicher Hygienemaßnahmen und in Rekordzeit entwickelten Impfstoffen ist es bislang nicht gelungen, dem Virus Herr zu werden. Zu allem Übel beobachten wir nachdenklich machende gesellschaftliche Spaltungen und Radikalisierungen, die Anlass zur Sorge geben.

Seit Monaten kennen Preise und Inflationsraten nur eine Richtung – kräftig nach oben. Artikel des täglichen Bedarfs wie Gemüse, Obst oder Molkereiprodukte sind im Preis binnen eines Jahres teils über 60% gestiegen. Kraftstoff, Strom und Gas werden unaufhaltsam teurer und erreichen von Tag zu Tag Rekordstände.

 

Mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine gibt es in Europa ein Kriegsgeschehen, wie wir es knapp 80 Jahre lang nicht mehr kannten (oder besser gesagt nicht wahrhaben wollten). Bilder und Videos von zerfetzten Körpern, vergewaltigten Frauen und pulverisierten Städten machen uns fassungslos.

 

 

Noch dazu kommt eine Arbeitswelt, die oft mit dem Schlagwort „VUCA“ betitelt wird. „VUCA“ ist ein Akronym und steht für volatil (schwankend, flüchtig), uncertain (unsicher), complex und ambiguitiv (mehrdeutig).

Ist es da ein Wunder, dass immer mehr Menschen sich überfordert fühlen? Der „mental load“, die mentale und emotionale Last wird zu viel. In den vergangenen Monaten sind viele Prominente an die Öffentlichkeit getreten und reden offen über Erschöpfungszustände und Depressionen. Es sind vor allem Menschen, deren Beruf sonst eigentlich die Leichtigkeit und das Entertainment sind: Hazel Brugger, Kurt Krömer, Nora Tschirner, Jim Carey und Sarah Connor, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

 

Dabei wären vielen schon geholfen, wenn sie sich jemandem öffnen und ihre Ängste, Sorgen und Probleme ansprechen könnten. Deshalb möchte ich Möglichkeiten der Hilfe in schweren Zeiten vorstellen, die ein Anker sein können.

 

Telefonseelsorge

Seit 1956 gibt es in Deutschland die Telefonseelsorge. Unter den bundeseinheitlichen gebührenfreien Rufnummern 0800 1110111 (evangelisch) und 0800 1110222 (katholisch) sind rund um die Uhr psychologisch und seelsorgerlich geschulte Mitarbeiter:innen erreichbar. Egal, welches Thema von den Ratsuchenden angesprochen wird – alle Mitarbeiter:innen unterliegen der Schweigepflicht und niemand, der anruft, muss seinen oder ihren Namen nennen. Auch wird die Telefonnummer nicht im Display angezeigt, sodass die Anonymität gewahrt bleibt.

Onlineseelsorge

Wer sich schwer damit tut, seine Sorgen am Telefon zu schildern, dem steht mit der Onlineseelsorge der Telefonseelsorge ein weiteres Angebot zur Verfügung. Per Mail oder Chat gibt es dann die Möglichkeit des schriftlichen Kontakts.

Nummer gegen Kummer

Auch an Kindern und Jugendlichen gehen diese herausfordernden Zeiten nicht spurlos vorbei. Unter der bundesweit einheitlichen Rufnummer 116 111 ist die Nummer gegen Kummer erreichbar, die für Kinder und Jugendlichen ein verlässlicher Ansprechpartner für alle Fragen, Probleme und Sorgen ist. Teilweise sind es sogar speziell geschulte Jugendliche zwischen 16 und 21 Jahren, die als Berater:innen ein Ohr für die Anliegen haben. Ebenso wie bei der Telefonseelsorge gelten auch hier die Grundsätze von Anonymität und Verschwiegenheit.

REDEZEIT FÜR DICH #virtualsupporttalks

REDEZEIT FÜR DICH #virtualsupporttalks ist eine Plattform aus über 350 im Zuhören geschulten Coaches, Therapeut:innen und Psycholog:innen, die anderen Menschen ehrenamtlich ihr Ohr schenken und zuhören. Und das kostenlos und ohne Verpflichtung. Die Initiative wurde im März 2020 von vier praktizierenden Coaches aus Hamburg gegründet. Alle Zuhörer:innen bei REDEZEIT hören unabhängig von vorgebrachtem Thema, Herkunft, Hintergrund, Identität, Sexualität, Religion oder politischen Ansichten zu. Reden hilft, um eigene psychische Belastungen und Grenzen besser wahrzunehmen.

Und Reden verbindet und führt zu einer offenen, reflektierten, zugewandten, emphatischen Gesellschaft. Seit Dezember 2021 bin auch ich bei #virtualsupporttalks engagiert. Gerne kannst du mit mir oder einem der zahlreichen anderen Kolleg:innen einen Termin fürs Gespräch vereinbaren.

 

amen.de

Die christliche Plattform amen.de ermöglicht es, die eigenen Nöte und Sorgen anderen Menschen anzuvertrauen, die dafür beten. Auch hier erfährt niemand, wer Unterstützung sucht. Die Beter:innen können den Ratsuchenden über die Plattform kurze Ermutigungen zukommen lassen, selbst wenn keine eMail-Adresse angegeben wurde. Ebenso ist es jederzeit möglich, auch für die Anliegen anderer Menschen zu beten und ihnen Mut zuzusprechen.

Wichtig an dieser Stelle zu betonen – alle diese Möglichkeiten sind kein Ersatz für professionelle psychotherapeutische Angebote, sondern sind eine kurzfristige Chance für Menschen in Not, die unbedingt und schnell mal mit jemandem reden müssen. Sie können aber „Erste Hilfe“ sein und dabei begleiten, sich fachlichen Rat und professionelle Hilfe zu holen.

 

Es sind besondere herausfordernde Zeiten – unterstützen wir doch einander mit Authentizität, Hilfsbereitschaft und der Offenheit, kein perfektes Leben vorgaukeln zu müssen.

 

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